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F wie Familie

  • Autorenbild: Alex König
    Alex König
  • 6. Juli
  • 2 Min. Lesezeit

Ein sehr lieber Mensch hat mir das Janosch-Büchlein Wörterbuch der Lebenskunst geschenkt. Unter F wie Familie steht:

„Die Familie ist eine Brutstätte des Unheils; eine Art Vorhölle.“

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Seit gestern sind meine Eltern zu Besuch. Und schon am ersten Abend führen wir dieselben Diskussionen wie seit 35 Jahren. Festgefahrene Themen, die mir Energie rauben. Immer dieselben Worte, immer dieselben Rollen.

Es ist anstrengend. Und es fällt mir schwer, innerlich Abstand zu halten. Aber ich übe.


Ich erinnere mich:

Das ist nicht mein Kampf. Ich bin nicht verantwortlich dafür, ihre Haltung zu ändern.

Ich muss auch nicht jedes Mal argumentieren.

Ich darf auch einfach sagen: „Ich sehe das anders, aber ich möchte das jetzt nicht weiter vertiefen.“


Was also tun?


Atmen.

Erkennen, wie schnell man wieder in die alte Rolle rutscht - und sich selbst dabei erwischen.


Freundlich zu sich selbst sein.

„Ah, da ist es wieder. Ich spiele gerade das Kind, das überzeugen möchte. Muss ich nicht.“

Ich darf sagen: „Ich geh jetzt spazieren.“ oder „Ich brauch kurz eine Pause.“ Ich darf den Blick aus dem Fenster schicken, die Wolken zählen, die Gardine wackeln sehen. Und ich darf mir erlauben, dass die Eltern bleiben, wie sie sind — ohne zuzustimmen, aber auch ohne weiter zu kämpfen.


Es hilft, sich klarzumachen: Die Erwartung, dass sie sich ändern, ist eine Einladung zur Enttäuschung. Sie sind, wie sie sind.


Und manchmal hilft übrigens auch Humor.

Innerlich schmunzeln: Ah, Szene 12, Akt 3. Immer derselbe Text, nur mit anderen Bühnenbildern.

Und jetzt liege ich hier, drei Uhr nachts, der Kopf noch immer hellwach. Draussen rütteln Windböen am Zelt, als wollten sie mich schütteln.


Und manchmal schaue ich meine Eltern an und sehe, wie sie beide kämpfen. Mit ihren eigenen Themen, mit ihren Schmerzen, den Krankheiten, mit dem Älterwerden. Es tut mir leid. Aufrichtig.

Und doch… fordern sie mich und meine Geduld.

Schneller, als ich möchte.


Vielleicht liegt genau darin meine Aufgabe in dieser Woche:

Mitgefühl zu haben – für sie und für mich selbst – ohne dass es mich auffrisst.

Und ohne dass ich mir oder ihnen Vorwürfe mache.

 
 
 

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